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NS "Euthanasie"

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Erinnerungsort heute

Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah.

Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.  

(Max Mannheimer, Überlebender der Shoa

An der Berliner East Side Gallery (Foto: S. Falkenstein, 2023)


Gegen das Vergessen

 

Gedanken zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Situation in Deutschland

Wer sehen und hören wollte, konnte zwar schon länger wissen oder zumindest ahnen, welches Unheil sich in unserem Land zusammenbraut. Doch die zunehmende Radikalisierung und der "Vormarsch" von Rechtsextremen in die Mitte der deutschen Gesellschaft beängstigen mich immer mehr. Hier einige besonders auffällige Ereignisse, an denen sich diese unheilvolle Entwicklung festmachen lässt:

 

Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung

Am 7. Oktober 2023 überfiel die Terrororganisation Hamas Israel mit entsetzlichen Folgen für die gesamte Region. Der seitdem auch in Deutschland wieder zunehmend offen gezeigte Antisemitismus, Hass und Hetze machen mich fassungslos. Ich war viele Jahre lang zuversichtlich, dass wir aus den Verbrechen der Vergangenheit gelernt haben, und will die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Mehrzahl der Menschen in unserem Land mit Abscheu auf die aktuellen Geschehnisse blickt. Doch zurzeit fühle ich mich hilflos und frage mich, ob mein oft ausgesprochenes Bekenntnis "NIE WIEDER" naiv war? Was beinhaltet meine Forderung "DEN ANFÄNGEN WEHREN" konkret? Tue ich genug, tue ich das Richtige, um mich gegen die unfassbare Verrohung auf unseren Straßen zur Wehr zu setzen?

"Was nicht erinnert wird, kann jederzeit wieder geschehen, wenn die äußeren Lebensumstände sich entscheidend verschlechtern." Diese Botschaft hat mir Dorothea Buck, eine unermüdliche Kämpferin für die Menschenrechte, mit auf den Weg gegeben. In der Hoffnung auf die Lernfähigkeit und Vernunft der Menschen will ich in Dorotheas Sinn nicht aufgeben und weiterhin die Geschichten von meiner Tante Anna und meinem Großcousin Friedel erzählen. Vielleicht trägt diese Erinnerung wenigstens ein klein wenig dazu bei, dass wir genau hinsehen, hinhören, widersprechen und auch handeln, wenn in unserem Land Dinge geschehen, die ich (Jahrgang 1946) nicht mehr für möglich gehalten hätte.  

S. Falkenstein, im Oktober 2023

Dazu Auszüge aus einem Offenen Brief, verfasst und unterstützt von Mitgliedern des Förderkreises Gedenkort T4:

"Es ist uns ein Anliegen, den Bedrohten Unterstützung und Solidarität zu versprechen! Und wir appellieren an alle: Schaut nicht weg! Schweigt nicht! Zeigt Haltung! ... Unsere Erinnerungsarbeit im Zusammenhang mit dem Berliner Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie“-Verbrechen bezieht selbstverständlich alle Opfer des nationalsozialistischen Regimes mit ein. 

Die Botschaft des Ortes: "Null Toleranz gegenüber Diskriminierung und Ausgrenzung, Antisemitismus und Rassismus" ist Grundlage und Verpflichtung für unsere Arbeit! 

... In der Hoffnung auf die Lernfähigkeit und Vernunft der Menschen und im Gedenken an die Opfer werden wir weiterhin an die Vergangenheit erinnern und uns auf vielfältige Art und Weise dafür einsetzen, dass in unserem Land nie wieder Menschen aufgrund menschenverachtender Ideologien ausgegrenzt, verfolgt, bedroht und am Ende sogar vernichtet werden.

Wir sind davon überzeugt, dass die Vergangenheit gerade in diesen Zeiten ein wichtiger moralischer Kompass ist. Sie kann uns heute und morgen Orientierung geben bei der Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, die Respekt hat vor dem menschlichen Leben in all seiner Verschiedenheit, einer Gesellschaft, die auf Toleranz gründet und in der die Achtung der Menschwürde selbstverständlich ist.“

 

Geheimplan gegen Deutschland

(aufgedeckt von Journalisten und Journalistinnen des investigativen Medienhauses CORRECTIV)

- zum Artikel

Im Januar 2024 wurde ein geheimes Treffen von Rechtsextremisten bekannt, an dem auch Vertreter der AFD teilnahmen. Es offenbart, dass die alten Denkmuster von Ausgrenzung und Diskriminierung, rassistische Vorurteile und Vorbehalte gegenüber Minderheiten in vielen Köpfen immer noch oder auch wieder existieren. Die Teilnehmer besprachen unter anderem einen Plan zur Deportation und Vertreibung von Menschen aus Deutschland. Sie tarnten das Vorhaben beschönigend mit dem Begriff "Remigration". Die Versammlung fand nur wenige Kilometer entfernt vom Ort der Wannseekonferenz statt. Nicht nur der Ort weckt schlimme Assoziationen. Das, was besprochen wurde, wurde einst von den Nazis gemäß ihrer völkischen Ideologie "Umvolkung" genannt - eine Ideologie, die in rechtsextremen und rechtspopulistischen Gruppierungen der Gegenwart immer offener zutage tritt. Es zeigt erschreckend deutlich, wes Geistes Kind die AFD ist.

Einmal mehr stelle ich mir die Frage, wie man sich gegen diese bedrohliche Entwicklung, die nicht weniger als ein Angriff auf unsere Demokratie ist, zur Wehr setzen kann. Leider gibt es keine einfache Antwort. Natürlich hängen die Möglichkeiten zur Gegenwehr von der persönlichen Situation jedes Einzelnen ab. Doch wir alle können und müssen wachsam bleiben und menschenverachtendes Gedankengut laut benennen, wenn wir es wahrnehmen. Das beginnt im privaten Umfeld. Lasst uns vor allem unsere Kinder und Enkelkinder informieren und sensibilisieren, denn sie sind die Zukunft. Lasst uns "klare Kante zeigen" - auch in den sozialen Medien. Lasst uns - je nach Möglichkeit - den Protest auf der Straße unterstützen.  Und nicht zuletzt - lasst uns zur Wahl gehen und demokratische Parteien wählen, damit wir in einer Gesellschaft leben können, die auf Toleranz gründet und in der die Achtung der Menschenwürde selbstverständlich ist.

Ach ja, bevor ich es vergesse, sucht Gleichgesinnte, denn nur zusammen sind wir stark!

 

Inklusion ist keine Ideologie

Das Schicksal von Anna und Friedel macht deutlich, wohin der nationalsozialistische Rassenwahn mit seinem menschenverachtenden, völkischen Gedankengut geführt hat. Sie waren nur zwei von unzähligen Menschen, die im Interesse einer "reinen Volksgemeinschaft" ausgrenzt, entwürdigt und am Ende als "lebensunwert" vernichtet wurden. Wenn sich Politiker wie Björn Höcke mit ihrer Ideologie durchsetzen würden, hätten Menschen wie Anna und Friedel auch im heutigen Deutschland keine Chance. Die diskriminierenden Aussagen zur Inklusion, die der Thüringer AFD-Vorsitzende unlängst von sich gab, sind empörend.

Mehr dazu in dem folgenden Schreiben, das im Sommer 2023 auf der Seite Gedenkort "T4" veröffentlicht wurde:

"Das Bekenntnis zur Inklusion ist die umfassendste Antwort auf den Nationalsozialismus“ (Michael Wunder)

Vor 90 Jahren, am 14. Juli 1933, verabschiedeten die Nationalsozialisten das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses". Es ordnete die zwangsweise Unfruchtbarmachung von Menschen an, die vermeintlich nicht in den „gesunden und leistungsstarken Volkskörper“ passten. Dahinter verbarg sich ein mit Nützlichkeitsdenken gepaartes zutiefst rassistisches Menschenbild. Bis Kriegsende wurden mehrere Hunderttausend Menschen zwangssterilisiert. Ein großer Teil von ihnen wurde im Zuge der NS-"Euthanasie" ermordet. Das alles begann schleichend und endete mit dem Massenmord an rund 300.000 behinderten und psychisch erkrankten Menschen.

Es ist alarmierend, wenn heute ein rechtsextremer Politiker die Inklusion als "Ideologieprojekt" bezeichnet, von dem wir unser Bildungswesen befreien müssen. Er stellt die These auf, dass Inklusion zu den  Projekten gehöre "die unsere Schüler nicht weiterbringen, die unsere Kinder nicht leistungsfähiger machen und die nicht dazu führen, dass wir aus unseren Kindern und Jugendlichen die Fachkräfte der Zukunft machen". Derartige Ansichten erinnern an altbekanntes rassenhygienisches Gedankengut und sind meilenweit entfernt von heutigen Ideen zur Integration und Inklusion. Gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, das Recht für alle Kinder - unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Behinderungen, ihrer ethnischen oder sozialen Herkunft - gemeinsam in einer „Schule für Alle“ zu lernen, sind unverhandelbare Grundrechte. Der Kampf um Inklusion in unserer Gesellschaft, in unseren Schulen war und ist mühsam und wird von vielen engagierten Menschen geführt. Ohne Inklusionsprojekte würden behinderte und psychisch erkrankte Menschen erneut diskriminiert und an den Rand der Gesellschaft gedrängt.

Wir können und wollen nicht schweigen, wenn das Ziel der Inklusion mit menschenverachtenden und rückwärtsgewandten Thesen in Frage gestellt wird. Wir, das sind Angehörige von "Euthanasie“-Opfern. Ihre Geschichte hat uns gezeigt, wohin die Beurteilung von Menschen nach Nützlichkeit und Effizienz gepaart mit moralischer Verrohung führt. Man hat den Opfern die Würde genommen, das Recht auf Teilhabe am Leben verwehrt und später sogar das Recht auf Leben abgesprochen. Die Zahl der Widerständler war damals klein - nicht unerheblich die Zahl der schweigenden Zuschauer. Jedes Opfer ist deshalb ein Auftrag an uns, an uns als Nachkommen, an die Politik und an jeden und jede Einzelne in unserer Gesellschaft: Der Auftrag zu mahnen, dass so etwas nie wieder geschieht.

Sigrid Falkenstein, Julia Gilfert, Gabriele Lübke

  • Anna Lehnkering, Tante von Sigrid Falkenstein, ermordet am 7. März 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck

  • Friedel Bieber, Großcousin von Sigrid Falkenstein, ermordet am 11. März 1943 in der Tötungsanstalt Hadamar

  • Rosa Schillings, Großmutter von Gabriele Lübke, ermordet am 2. Mai 1941 in der Tötungsanstalt Hadamar

  • Walter Frick, Großvater von Juli Gilfert, ermordet am 7. August 1941 in der Nervenheilanstalt Bernau

 

Eine Entwicklung, die Hoffnung macht ...

Mitmachen! Hand in Hand

Seit Kurzem gibt es Anlass zur Hoffnung. Deutschlandweit zeigen Menschen Gesicht und erheben ihre Stimme. Sie gehen auf die Straße und protestieren gegen jedwede Art von Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Sie setzen damit ein unübersehbares Signal für ein solidarisches und friedliches Miteinander. Ein ermutigendes Zeichen für unsere Demokratie!

Wesentlich daran beteiligt ist das Netzwerk Hand in Hand, dessen Aufruf für die Verteidigung einer offenen und demokratischen Gesellschaft von immer mehr Organisationen aus der Zivilgesellschaft unterstützt wird.

Berlin, im Januar 2024

Wir sind viele, wir sind mehr ...!

   

3.2.2024 vor dem Bundestag

Fotos (c) S. Falkenstein

Geschehnisse, die Fassungslosigkeit und Entsetzen auslösen ...

Ende Mai 2024 kam es zu Anschlägen auf Einrichtungen der Lebenshilfe in Mönchengladbach. So wurde unter anderem in die Türe eines Wohnheims für Menschen mit Behinderungen ein Ziegelstein mit der Aufschrift »Euthanasie ist die Lösung« geworfen.

"Stellungnahme der Lebenshilfe Mönchengladbach zu den mutmaßlichen Angriffen auf unsere Einrichtungen

Mit großer Besorgnis und Entsetzen haben Sie von den mutmaßlichen Angriffen auf unsere Einrichtungen durch rechtsextreme Kräfte erfahren. Solche Taten sind nicht nur ein Angriff auf unsere Organisation, sondern auch auf die Werte von Menschlichkeit, Respekt und Toleranz, für die wir seit vielen Jahren einstehen. Die Lebenshilfe Mönchengladbach setzt sich unermüdlich für die Unterstützung und Integration von Menschen mit Behinderungen ein. Wir bieten ihnen und ihren Familien eine Anlaufstelle, Unterstützung und die Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Die jüngsten Vorfälle sind ein feiger Versuch, diese wertvolle Arbeit zu untergraben und Angst sowie Zwietracht zu säen. Wir stehen geschlossen und entschlossen gegen jede Form von Extremismus und Gewalt. Unsere Einrichtungen sollen Orte der Sicherheit, des Vertrauens und des Miteinanders bleiben. Wir appellieren an die zuständigen Sicherheitsbehörden, diese Vorfälle gründlich zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Gleichzeitig rufen wir die Gemeinschaft in Mönchengladbach auf, zusammenzustehen und sich klar gegen Hass und Intoleranz zu positionieren. Unsere Solidarität gilt den betroffenen Mitarbeitern und Bewohnern, die mutig und stark durch diese schwierige Zeit gehen. Wir werden uns weiterhin unermüdlich für eine offene und inklusive Gesellschaft einsetzen und lassen uns durch solche Angriffe nicht einschüchtern. Gemeinsam können wir eine Gemeinschaft aufbauen, die auf gegenseitigem Respekt und Unterstützung basiert."

- Stellungnahme der "Euthanasie" Gedenkstätte Lüneburg

- PDF-Dokument Lüneburg


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