Bürgerschaftliches
Engagement
"Viele kleine Leute, an vielen kleinen
Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Antlitz dieser Welt
verändern."
Es ist mir ein besonderes Anliegen,
junge Menschen zu ermutigen, sich für die Belange unserer
Gesellschaft zu engagieren, denn sie sind die Zukunft. Die
Möglichkeiten sich zivilgesellschaftlich oder politisch zu
engagieren sind zahlreich und vielfältig. Bürgerschaftliches
Engagement stärkt unsere demokratische Gesellschaft.
Der entscheidende Anstoß für viele
Erinnerungs- und Gedenkaktivitäten geht häufig von bürgerschaftlichem
Engagement aus und ist das Verdienst lokaler Initiativen und
einzelner Menschen. Auch ich habe erfahren, welch große Bedeutung
bürgerschaftlichem Engagement zukommt. Annas Geschichte und meine
Spurensuche haben mich eng mit der Tiergartenstraße 4 verbunden. Der
ehemalige Standort der "T4"-Villa auf dem Vorplatz der Berliner
Philharmonie war lange Zeit ein Symbol für das Schweigen, die
gesellschaftliche und politische Ignoranz im Umgang mit den Opfern.
Das wollte ich nicht hinnehmen!
Die daraus folgende Teilnahme am
Runden Tisch zur Umgestaltung der Tiergartenstraße 4 war für mich in
vielerlei Hinsicht eine prägende Erfahrung. Ich habe nicht nur
beeindruckende Menschen getroffen, die sich weit über ihr
berufliches Engagement hinaus für ein gemeinsames Ziel eingesetzt
haben. Ich habe zudem gelernt, dass man als einzelner Mensch etwas
bewegen und verändern kann. Man muss sich vor allem mit anderen
Menschen zusammentun und Netzwerke bilden. Zum Erreichen der Ziele
braucht man natürlich auch Personen in verantwortlichen Positionen,
sei es in der Politik, in den Medien oder zivilgesellschaftlichen
Organisationen.
-
2007 kam es zur Gründung eines
Runden Tisches zur Umgestaltung der
Tiergartenstraße 4, an dem engagierte Einzelpersonen und
Vertreter/innen verschiedener Institutionen zusammenkamen. Wir
initiierten verschiedene temporäre Projekte, um den historischen
Ort "Tiergartenstraße 4" sichtbar zu machen. Dank einer breiten
Unterstützung aus der Zivilgesellschaft kam es dann 2014 zur
Eröffnung des
Gedenk- und Informationsortes
für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde
an der Tiergartenstraße.
-
Ein großartiges Vorbild für
bürgerschaftliches Engagement sind die unzähligen
Stolperstein
Gruppen, deren Arbeit unter dem Motto "Ein Mensch ist erst
vergessen, wenn sein Name vergessen ist" steht.
-
Das Projekt
Zeit- und Zweitzeugen
ist der verdienstvollen Erinnerungsarbeit von Barbara Keimer und
Gerd Kuhlke aus Herten zu verdanken. Sie treffen seit den 90er
Jahren Zeit- und Zweitzeug*innen aus verschiedenen verfolgten
Menschengruppen und zeichnen die Gespräche und Interviews
filmisch auf. Da die Stimmen von Zeitzeugen*innen leider nach
und nach verstummen, ist es wichtig, ihre Geschichten
weiterzutragen. Die mediale Aufbereitung der Vergangenheit
spielt in dem Zusammenhang eine bedeutende Rolle.
Es war mir eine Freude, Barbara
und Gerd 2017 im Rahmen ihres Projektes zu begegnen. -
Film Zeit- und Zweitzeugen
(Interview mit S. Falkenstein, Film von Gerd Kuhlke u. Barbara
Keimer)
 |
Blick in einen Seminarraum
der Topographie d. Terrors
Fotoausschnitt aus dem
Film Zeit- und Zweitzeugen (G. Kuhlke) |
Stellvertretend für die zahlreichen
Erinnerungsaktivitäten, die es ohne das Engagement einzelner
Menschen nicht gäbe, seien hier einige Berliner Initiativen genannt,
die mich nachhaltig beeindruckt haben:
-
Der Verein
TOTGESCHWIEGEN, 1933 – 1945. Zur Geschichte der Wittenauer
Heilstätten Die sehenswerte Dauerausstellung befindet
sich in der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik in
Berlin-Reinickendorf. An dieser Stelle ein Dank an die
Psychologin Christina Härtel, die diese Ausstellung von Anfang
an maßgeblich begleitet hat.
-
Freundeskreis Gedenkort alter Anstaltsfriedhof in Berlin
Wittenau und das Engagement von
Irmela Orland
-
Denkzeichen in Berlin-Buch für die Opfer der
nationalsozialistischen Zwangssterilisationen und
»Euthanasie«-Morde
- ein Erinnerungsprojekt, das von Anfang an durch das Engagement
von Bürger*innen aus Buch ermöglicht wurde
-
Auch im Bereich der
Behindertenarbeit geht es um partizipative Erinnerungsarbeit,
denn die gesellschaftlichen Normen und Werte im Umgang mit dem
"Anderssein" spielen heute wie gestern eine Rolle. Das gilt
beispielsweise für den Verein
wirfuervielfalt.de,
eine Plattform zum Lernen, Vielfalt zu leben oder das Projekt
geh denken inklusiv (geh-denken-inklusiv.de, das von der Interessenvertretung
Selbstbestimmt Leben in Deutschland getragen wird.
-
Last not least - der
Förderkreis T4, der nach dem Ende des Runden Tisches entstand,
arbeitet unermüdlich daran, das bürgerschaftliche Engagement für
den Erinnerungsort an der Tiergartenstraße 4 zu stärken. Ein
besonderes Anliegen ist dem Verein, die Sichtweise von Menschen
mit Behinderung und körperlichen und psychischen Einschränkungen
sowie der Angehörigen von Ermordeten einzubringen. siehe auch
Förderkreis Gedenkort T4 - andersartig gedenken
weiter »
|